IM FOKUS - Das (im)materielle Erbe des Filmemachers Ernst Hirsch
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Das neue Projekt im ISGV widmet sich dem materiellen und immateriellen Erbe des Dresdner (Regie-)Kameramanns Ernst Hirsch (*1936), dessen Arbeit und Werk von zentraler kulturwissenschaftlicher und filmischer Bedeutung für das visuelle Gedächtnis der (DDR-)Gesellschaft ist.
Bereits mit 17 Jahren arbeitete Hirsch als Kameramann beim Deutschen Fernsehfunk, ab 1968 war er als freiberuflicher Kameramann und Redakteur tätig, beispielsweise für Fernsehen, Film- und Werbegesellschaften. Während seiner Schaffenszeit in der DDR- und Nachwendezeit entstanden zahlreiche kunst- und kulturgeschichtliche Filme, die insbesondere historische Stadtaufnahmen von Dresden, den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg sowie Persönlichkeiten des kulturellen Lebens der Stadt zeigen. Außerdem drehte Hirsch Werbe-, Industrie- und Informationsfilme zu unterschiedlichen Themenkomplexen.
2025 gab Ernst Hirsch seine filmtechnischen Objekte an die Technischen Sammlungen Dresden und sein Filmarchiv an die Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek ab – eine einmalige Gelegenheit, gemeinsam mit dem Filmemacher aus kulturanthropologischer Perspektive ausgewählte Bestände (arbeits-)biografisch zu kontextualisieren: Gefragt wird nach der Entstehung, Konstruktion und Wandelbarkeit von in zwei politischen Systemen produzierten Stadtbildern und -erzählungen sowie nach deren erinnerungskultureller Bedeutung.
Um das Werk und seine Entstehung kulturpolitisch und (arbeits-)biografisch einordnen zu können, werden Interviews mit dem Filmemacher selbst wie auch mit Personen aus seinem beruflichen und privaten Umfeld durchgeführt. Forschungsleitende Fragen sind: Wie und warum wurde aus dem Medienrezipienten ein Filmproduzent? Inwieweit prägte seine Mitgliedschaft in der Betriebsfotogruppe des VEB Zeiss Ikon und im Laienfilmstudio des Kulturbundes sein filmisches Sehen und seine Ausdrucksmöglichkeiten? Wie veränderte sich der Zugang zu seinen Themen? Wer war seine Zielgruppe? (Wie) veränderte sich sein Selbstverständnis als Filmemacher und Sammler im zeitgenössischen Kontext?
Einen weiteren Quellenbestand bildet ein Sample ausgewählter Filme und ihre produktionsgeschichtliche Einordnung. In Kombination mit den Interviews sollen u. a. Antworten auf Fragen zur filmischen Gestaltung, zu (kultur-)politischen und technologischen Rahmenbedingungen sowie zu Einflüssen künstlerischer Vorbilder und beruflicher wie privater Kontakte gefunden werden.
Ergänzend werden schriftliche Dokumente wie Drehbücher, Rezensionen, Korrespondenzen und Ernst Hirschs Tagebücher herangezogen.
Als Kooperationspartner sind die Technischen Sammlungen Dresden für die Erhaltung des von chemischem Zerfall bedrohten Filmbestandes zuständig. Die Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek leitet die Digitalisierung ausgewählter Filme in die Wege und erleichtert den öffentlichen Zugang zu den Werken des Dokumentarfilmemachers. In der Mediathek der SLUB stehen bereits einige Filme aus Ernst Hirschs Filmsammlung zur Nutzung bereit.
Für 2026 ist anlässlich des 90. Geburtstages des Filmemachers eine Ausstellung in den Technischen Sammlungen Dresden geplant, die von der Projektbearbeiterin mitkuratiert wird.