Tagung: Im|Materielles kulturelles Erbe als Praxis

Rekonstruktionen und Reinszenierungen in Mittel- und Osteuropa

Am 25. und 26. August 2024 kamen in München Expertinnen und Experten der mittel- und osteuropäischen Kulturwissenschaften zusammen, um nach den Praktiken der (Re)Konstruktion und (Re)Inszenierung kulturellen Erbes zu fragen, die historische Orte und Ereignisse in der Gegenwart zu materiellem bzw. immateriellem Kulturerbe werden lassen.
•    Kulturerbe in Sammlungen und Museen
•    Kulturerbe und Gedächtnisräume
•    Kulturerbe und (Re)Traditionalisierung
•    Kulturerbe und Erinnerungspraxis
•    Kulturerbe und Inwertsetzung
verhandelt.
In seinem eröffnenden Beitrag „Zukunft: Kulturerbe“ erörterte Helmut Groschwitz inwiefern die zeitliche Perspektive bei Kulturerbeprozessen mitgedacht werden muss, und dass die schützenden und erhaltenden Maßnahmen dieser letztendlich darauf zielen, Aspekte einer Vergangenheit in die Zukunft zu überführen.
Wie unterschiedlich dieser Anspruch in Sammlungen und Museen praktisch umgesetzt wird und werden kann, zeigten exemplarisch die Beiträge der ersten Sektion. Die grundlegenden Überlegungen zum Einsatz digitaler Technologien und deren Auswirkungen auf Erhaltung und Zugänglichkeit von Kulturerbe (Cornelia Eisler) wurden anhand zweier Beispiele – den Beständen des Fotoarchivs des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Angela Ilić) und der Thematisierung sowjetischer Vergangenheit im Estnischen Freilichtmuseum (Kirsti Jõesalu) – konkretisiert.
Einblicke in rumänische Erinnerungswelten in ruralen und urbanen Kontexten lieferten die Beiträge der Sektion Kulturerbe und Gedächtnisräume. Während die Nutzung sakraler Gebäude in der multikulturellen Region Dobrudscha aufgrund weitreichender Migrationsvorgänge zwischen Verfall, Umwidmung und neuer kultureller Inwertsetzung variiert (Tobias Weger), ist in Bukarest eine staatlich massiv gesteuerte Präsenz des orthodoxen Glaubens im öffentlichen Raum, beispielsweise durch die Neuerrichtung zahlreicher Kirchen oder die Umbenennung von Straßennamen und Veranstaltungen, zu verzeichnen (Daniel Habit).

Vortrag Tobias Weger, Foto: Antje Reppe (2024)

Die nachfolgenden Sektionen widmeten sich den Schwerpunkten (Re)Traditionalisierung und Erinnerungspraxis. Der Blick richtete sich unter anderem in die Lausitz mit der Vorstellung der Aktivitäten zum Erhalt und zur Weiterentwicklung einer „sorbischen Volkskultur“ (Theresa Jacobs und Ines Keller) und nach Brünn/Brno, um Spuren eines „deutschen Erbes“ in der städtischen Erinnerungskultur aufzuzeigen (Jana Nosková).
Inwiefern materielle und immaterielle Kulturformen durch die Listungsverfahren der jeweiligen UNESCO-Kommissionen in Wert gesetzt werden können und welche Rolle dabei die Konzeption lokaler und regionaler Identitäten einnehmen können, wurde u. a. an den Beispielen „Herstellung von mundgeblasenem gläsernen Lauschaer Christbaumschmuck“ (Rebecca Koller) und „Heilwissen der Pinzgauer:innen“ (Vivienne Marquart) thematisiert.
Weitere Beiträge finden Sie im Tagungsprogramm.
Ein ausführlicher Tagungsbericht wird von Studierenden der Fakultät für Kulturwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München verfasst werden.
Die Tagung wurde veranstaltet vom Institut für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der Kommission Kulturelle Kontexte des östlichen Europas in der Deutschen Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft und der Fachkommission für Empirische Kulturwissenschaft im Herder-Forschungsrat.

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